Der Weg ist das Ziel…
Wie bereits im 1. Artikel über Lerntechniken und Lernmethoden erwähnt, wird die Loci-Methode (Loci = Locus (lat.) = Ort) auch Routenmethode genannt. Bei dieser Methode werden Punkte entweder am Körper (Körperroute) oder im Raum (Raumroute) festgelegt. An diese so genannten Routenpunkte hängen wir dann unsere Schlüsselwörter an, indem wir sie zu einem lustigen Bild verknüpfen. Dazu gleich mehr.
Der Erfolg der Loci-Methode beruht auf einer besonderen Eigenart unseres Gehirns: dem „räumliche Erinnerungsvermögen“. Wir können uns in der Regel besser an die Katze auf dem Stuhl rechts neben dem Fenster erinnern, als nur an die Katze irgendwo in dem Raum.
In 3 Schritten zum Erfolg
Die Loci-Methode besteht aus 3 Schritten. In einem ersten Schritt legen wir eine sogenannte Route mit verschiedenen Routenpunkten fest. Im 2. Schritt erarbeiten wir wichtige Schlüsselwörter unseres Lernthemas – dazu eignet sich übrigens besonders gut ein Mind-Map. Im 3. Schritt verbinden wir dann diese wichtigen Schlüsselwörter unseres Lernthemas mit den einzelnen Routenpunkten unserer Route. Und zwar, indem wir uns ein lustiges Bild dazu einfallen lassen!
Die Magie der Routenpunkte
Durch das „Abwandern“ der einzelnen Routenstationen in unserer Vorstellung können wir uns später an alle wichtigen Begriffe erinnern und das sogar in der richtigen Reihenfolge. Auf diese Weise ist es auch (fast) unmöglich, bei der Weidergabe wichtige Punkte unseres Lernthemas auszulassen. Wir wissen bei dieser Methode immer, an welcher Stelle des Lernstoffes wir uns gerade befinden und welches Schlüsselwort als nächstes kommt.
Da sich das alles sehr theoretisch anhört, hier ein konkretes Beispiel.
Beispiel für die Körperroute
Die einfachste Route, die wir auch immer bei uns haben, ist die Körperroute.
Schritt 1: Festlegen der Route
Wir prägen uns die folgenden Körperpunkte in der entsprechenden Reihenfolge ein. Das ist ganz einfach, denn wir gehen unseren Körper von unten nach oben durch:
- = Fuß
- = Knie
- = Oberschenkel
- = Gesäß
- = Hüfte
- = Bauch
- = Brust
- = Schultern
- = Hals
- = Kopf
Und schon haben wir unsere erste Route!
Schritt 2: Verbinden der Routenpunkte mit Schlüsselwörtern
Angenommen wir wollen uns jetzt die 9 Planeten unseres Sonnensystems merken:
Merkur – Venus –Erde – Mars – Jupiter – Saturn – Uranus – Neptun – Pluto
Im 2. Schritt dieser Methode verbinden jetz also unsere einzelnen Routenpunkte mit den Planeten:
- Fuß = Merkur
- Knie = Venus
- Oberschenkel = Erde
- Gesäß = Mars
- Hüfte = Jupiter
- Bauch = Saturn
- Brust/Schulter = Uranus
- Hals = Neptun
- Kopf = Pluto
Das allein hilft uns aber noch nicht, die Planeten auch wirklich zu lernen. Jetzt kommt Schritt 3 ins Spiel.
Schritt 3: Lustige Bilder und Geschichten erfinden
Wir überlegen uns zu jedem Planeten ein Bild und dieses Bild verknüpfen wir dann mit dem entsprechenden Routenpunkt.
Hier meine dazugehörigen Bilder und Geschichten:
- Fuß – Merkur: Meer-Kur: Ich gönne meinen Füßen eine Meeres-Kur. Ich stehe mit meinen Füßen am Strand, Meerwasser umfließt die müden Füße.
- Knie – Venus: Venusmuschel: Dann knie ich im Sand vor einer Venusmuschel.
- Oberschenkel – Erde: Globus: Ich balanciere einen Globus (= Erde) auf meinen Oberschenkeln.
- Po – Mars: Schokoriegel Mars: In meiner hinteren Gesäßtasche habe ich einen Mars-Schokoriegel stecken.
- Hüfte – Jupiter: Yuppie (junge, karrierebewusste, erfolgreiche Großstädter) Ein Yuppie sitzt auf meiner Hüfte und wedelt mit Geldscheinen.
- Bauch – Saturn: Ich lasse Hula-Hoop-Reifen (Ringe) um meinen Bauch schwingen
- Brust/Schulter – Uranus: Uran-Utan: ein kleiner Uran-Utan sitzt auf meinen Schultern und lässt die Beine auf die Brust baumeln.
- Hals – Neptun: Meeresgott Neptun: Neptuns Dreizack steckt in meinem Hals fest.
- Kopf – Pluto: Pluto: Pluto, der Hund aus dem Zeichentrickfilm, leckt über mein Gesicht.
Wenn wir die Namen der Planeten mit den entsprechenden Bildern an den einzelnen Körperpunkten verankern, dann werden wir uns auch nach Jahren noch an die 9 Planeten des Sonnensystems erinnern und sie in der richtigen Reihenfolge aufzählen können.
Weiteres Beispiel:
Nenne die letzten 7 Präsidenten der Vereinigten Staaten in der richtigen Reihenfolge.
Lösung: Ford, Carter, Reagan und Bush, Clinton, Bush, Obama
Körperroute: Ein Ford fährt über den Fuß; der Fuß schwillt an und tut ganz stark weh; ein Kater kratzt so doll am Knie, dass es anfängt zu bluten; ein Reagenzglas steckt in der Hosentasche; auf dem Rücken wächst ein grüner Busch; ein lautes Lachen als Klingelton kommt aus dem Handy in der Brusttasche, ein kleiner Busch-Sprößling wächst auf der Schulter und Opa schüttelt Mama ein Glas Wasser ins Gesicht.
Route erweitern
Sollten die 10 Körperpunkte nicht ausreichen, da wir mehr als 10 Schlüsselwörter lernen und behalten wollen, dann können wir weitere Körperpunkte hinzufügen: Wirbelsäule, Ellenbogen, Hand, Nacken, Haare, …
Weitere Routen und Routenpunkte:
Beispiele für weitere Routen können die Räume unserer Wohnung / unseres Hauses sein (Schlafzimmer, Wohnzimmer, Bad, Küche, Arbeitszimmer, Kinderzimmer, …) oder aber bestimmte Wege, die wir häufig gehen (Arbeitsweg, Spazierweg, Schulweg, Hunde-Runde, …).
Nehmen wir das Beispiel „Schlafzimmer“. Mögliche Routenpunkte können die folgenden Objekte sein:
- = Bett
- = Bild über dem Bett
- = Nachtschränkchen
- = Nachtischlampe
- = Kommode
- = Kleiderschrank
- = Bild über der Kommode
- = Fenster / Vorhänge
- = Stuhl / Kleiderständer
- = Spiegel
Alle Objekte ordnen wir in der Reihenfolge an, in der sie in unserem Schlafzimmer stehen, wenn wir zur Tür hereinkommen. Dabei bleibt es Euch überlassen, ob Ihr im Uhrzeigersinn oder gegen den Uhrzeigersinn vorgeht. Wichtig ist nur, dass Ihr für jedes weitere Zimmer die gleiche Richtung beibehaltet. Und schon haben wir eine (neue) Route.
Das Auto als Route
Neben den Körperpunkten, den Zimmer-Routen oder den Weg-Routen können wir auch unser Auto als Route umfunktionieren:
- = Stoßstange
- = Scheinwerfer
- = Motorhaube
- = Scheibenwischer
- = Fahrertür
- = Fahrersitz
- = Lenkrad
- = Schaltung
- = Radio
- = Handschuhfach
- = Rücksitz
- = Hutablage
- = Heckscheibe
- = Kofferraum
- = Rück- oder Bremslichter
Je mehr Routen desto besser
Je mehr Routen wir uns anlegen, desto mehr Informationen können wir speichern. Sicherlich kann man auch eine Route mehrfach belegen. Aber wenn wir uns viele Informationen dauerhaft einprägen wollen, sollten wir viele verschiedene Routen zur Verfügung haben. Denn je mehr Informationen wir auf ein und demselben Punkt speichern, desto größer wird die Gefahr, Wichtiges zu vergessen oder Inhalte zu vermischen bzw. zu verwechseln.
Wenn Ihr Euch mit der Loci-Methode anfreunden könnt, dann werdet Ihr erstaunt sein, wie viele verschiedene Routen Ihr erstellen könnt. Ihr werdet auch feststellen, dass Ihr fast jede Route mit weiteren Routenpunkten erweitern könnt. Eurer Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt.
Anwendungsmöglichkeiten für die Loci-Methode
Geschichte, Erdkunde, Biologie, Chemie, Deutsch und Kunst sind Fächer, bei denen man diese Methode anwenden kann. Sie eignet sich immer dann, wenn wir uns Begriffe, Namen etc. in einer bestimmten Reihenfolge merken müssen.
Fazit zur Loci-Methode
Auch wenn sie anfangs ein wenig Arbeit macht, so ist die Loci-Methode eine genial einfache Methode, um sich alles Mögliche dauerhaft und in einer bestimmten Reihenfolge einzuprägen. Wenn Ihr Euch vorweg ein wenig Zeit nehmt und Euch verschiedene Routen zulegt, werdet Ihr Euch ganz schnell sehr viel mehr merken und behalten können.
Aber die Loci-Methode trainiert nicht nur Euer Gedächtnis und Eure Merkfähigkeit, sondern auch Eure Fantasie, Eure Kreativität und Eure Visualisierungsfähigkeit!
Videos zur Loci-Methode:
Dinge einmal zu hören oder zu lesen reicht nicht aus, um sie wirklich zu verinnerlichen. Wenn Ihr also Lust habt, die Loci-Methode zu erlernen und dadurch ganz erstaunliche Lernerfolge zu erzielen, dann empfehle ich Euch die folgenden Videos, um Euch mit dieser Methode noch besser vertraut zu machen.
Viel Spaß beim Erstellen Eurer Routen, Eurer lustigen Bilder und natürlich beim Üben!!!